Zu wenig Essen
Bis zu 60 % der derzeitigen Bewohner*innen griechischer Flüchtlingscamps haben derzeit keinen ausreichenden Zugang zu Nahrungsmitteln, da die Bargeldunterstützung für Asylbewerber*innen gestoppt und die Nahrungsmittelhilfe für abgelehnte Asylbewerber*innen sowie anerkannte Geflüchtete sogar ganz eingestellt wurde. Ein im vergangenen Jahr verabschiedetes Gesetz trat diesen Monat in Kraft. Dieses stoppte die Bargeldunterstützung für jene, deren Asylantrag angenommen wurde. Zudem kommt es auch einen Monat nachdem die Verwaltung des von der EU finanzierten Bargeldhilfeprogramms vom UNHCR auf die griechische Regierung übergegangen ist noch immer zu Unterbrechungen. Dadurch stehen viele Menschen mittellos da und sind gezwungen, auf der Strasse zu betteln oder sich auf die örtlichen Sozialdienste zu verlassen, sofern diese verfügbar sind. Angesichts dieser katastrophalen Situation fordern 27 NGOs die griechischen Behörden auf, die Bargeldverteilung wieder aufzunehmen, Soforthilfe zu leisten oder Gutscheine für Geschäfte und Transportmittel zu verteilen.
“Kriminalisierung der Solidarität”
Drei humanitäre Helfer*innen wurden 2018 wegen angeblich kriminellen Handlungen angeklagt und sollten im November vor Gericht stehen, weil sie auf Lesvos Geflüchteten in Not geholfen haben. Sarah Mardini, Sean Binder und Nassos Karaktisos alarmierten jeweils nachts die griechische Küstenwache, wenn sie Boote in Seenot an der Küste von Lesvos entdeckten. Der Prozess war für November 2021 geplant, wurde aber auf ein unbekanntes Datum im Jahr 2022 verschoben. Mit diesen Anschuldigungen versucht die griechische Regierung, “jegliche Bemühungen der Zivilgesellschaft, das Leid an der Grenze zu verringern, als kriminell zu bezeichnen”, fasst ein Artikel der Zeitung The New Arab dieses Vorgehen zusammen. Der Ausgang des Verfahrens hätte weitreichende Auswirkungen auf viele ähnliche Fälle, in denen andere humanitäre Organisationen und Helfer*innen ebenfalls rückhaltlose Anschuldigungen wie Menschenschmuggel, Spionage und Verletzung von Staatsgeheimnissen beschuldigt werden. Nur kurz nach der Vertagung des Prozesses kamen neue Beweise über die wahren Absichten der griechischen Regierung ans Licht: “Griechische Regierungsbeamt*innen räumen ein, dass eines der Hauptziele darin bestand, Europäer*innen, vor allem freiwillige Herlfer*innen und Aktivist*innen, zu vertreiben. Klagen gegen NGOs sind besser bedient, solange sie noch rechtshängig sind”, berichtet das Newsportal Kathimerini.
Ankünfte, Push-Backs und Zahlen
Im Oktober wurden von Aegean Boat Report insgesamt 88 illegale Push-Backs registriert. Das bedeutet, dass die griechische Küstenwache allein in diesem Monat über 2100 Kindern, Frauen und Männern das Recht auf Asyl verweigerte. Vom 1. bis zum 21. November wurden insgesamt 99 Boote mit rund 2800 Menschen von der Küstenwache zurückgewiesen. Im gleichen Zeitraum erreichten hingegen lediglich 26 Boote mit 423 Personen die Küsten der Ägäischen Inseln. Die Transfers zum Festland haben leicht zugenommen. In den ersten drei Novemberwochen wurden insgesamt 1040 Menschen auf das Festland gebracht, so dass sich Ende November etwa 3900 Menschen auf den Ägäis-Inseln aufhalten.
Überwintern in Zelten
Obwohl das Camp Mavrovouni nur “vorübergehend” sein sollte, sind Ende November 2021 immer noch 2550 Menschen in den eilig errichteten Zelten untergebracht. Der Winter ist da, auch auf Lesvos mit Durchschnittstemperaturen von etwa 8 Grad in Dezembernächten und sogar Schnee. Zurzeit werden einige der Zelte gegen Container ausgetauscht. Die katastrophalen Bedingungen im Camp erklären aber auch, warum die Regierung erst kürzlich viele Kinder, Schwangere und Kranke auf das Festland transferiert hat. Das Ausschreibungsverfahren für die geplanten geschlossenen, kontrollierten Empfangszentren auf Lesvos und Chios läuft gemäss einer Information der EU-Kommission momentan noch immer. Auf Kos und Leros hingegen wurden die neuen “Auffanglager” oder die sogenannten kontrollierten und geschlossenen Camps am 27. November eröffnet.